Elf Notate zum Diskussionsabend bei der CDU Bautzen am 11.4.2018

Am Abend des 11.4.2018 erlebte die Bautzener Stadtbürgerschaft die erste offene Podiumsdiskussion zum Spreebrücken-Projekt in Bautzen. Ort hierfür war der monatliche Stammtisch der CDU Bautzen im Brauhaus. Auf dem Podium hatten als Diskutanten Platz genommen: Prof. Manuel Bäumler, TU Dresden, der mit einer studentischen Arbeitsgruppe die bisher vorliegende Gestaltungsstudie entworfen hat, der Vorsitzende des Innenstadtvereins Jan Kubasch, die Bautzener Baubürgermeisterin Juliane Naumann und als einzige Gegenstimme zum Projekt Robert Lorenz für www.spreebruecke.de

Die Veranstaltung war mit ca. 50 Interessenten sehr gut besucht. Zum Auftakt präsentierte Prof. Bäumler die studentische Arbeit per PowerPoint. Im Anschluss wurde mehr als eine Stunde teils kontrovers, dabei aber überwiegend sachlich diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass im Gegensatz zum Podium, wo die kritisch-ablehnende Position zum Projekt von vornherein nur als Einzelmeinung vertreten war, im Publikum große Uneinigkeit zur Spreebrückenidee herrschte, die sich auch bis zum Ende hin nicht klar zugunsten eine Befürwortung oder Ablehnung verschob.

Als Erinnerungsstütze und Meinungsbild seien hier aus der Position unseres Diskutanten Robert Lorenz elf für ihn wesentliche Erkenntnisse und künftige Diskussionspunkte des Abends dargelegt:

  1. In der Präsentation von Prof. Bäumler zum studentischen TU-Projekt war abermals keine seitliche Visualisierung der Hängebrücke von Norden oder Süden her enthalten. Wenn es hierzu seinerseits ein Problembewusstsein geben sollte, hat er es gestern nicht offen dargelegt.
  2. Ziel des Projektentwurfes ist aus der Sicht von Prof. Bäumler eine Zuspitzung der, Zitat, „Inszenierung“ des Burgfelsens und der westlichen Altstadtkrone, die seiner Meinung nach in Bautzen bisher ungenügend sei.
  3. Nach seinen Worten würde die Brücke einen direkten Zugang in die, Zitat, „Kernstadt“ Bautzens ermöglichen.
  4. Der Begriff „Denkmalschutz“ fiel seitens der Projektbefürworter an diesem Abend ein einziges Mal durch Frau Naumann, wurde ansonsten aber auf dem Podium und im Saal laut beschwiegen.
  5. Insgesamt verfestigte sich an diesem Abend der Eindruck, der in verschiedenen Texten auf bereits dargelegt wurde: Für einen Großteil der Befürworter scheint es bei dem Projekt in der Hauptsache darum zu gehen, ein Symbol für „Fortschritt“ und „Bewegung“ in Bautzen nach innen und außen auszusenden. Die Brücke erfüllt in dieser Perspektive das Bedürfnis, einem diffus wahrgenommenen Stillstand in Bautzen mit einem symbolischen Ausrufezeichen zu begegnen. Sie ist damit zunächst einmal vordringlich ein emotionales, kein pragmatisches Bauwerk. Kritik an ihr wird gern pauschal mit der verstockten Ablehnung von Neuem gekontert, seltener aber im Detail widerlegt.
  6. Die Festwiese ist womöglich bisher etwas missverständlich benannt. Nach Aussage der Baubürgermeisterin geht es nicht um einen zweiten bzw. Ersatz-Schützenplatz, sondern um eine Wiese, auf der man grillen, spielen usw. kann, vor allem für die BewohnerInnen des Altstadtfelsens.
  7. Anders als im Stadtrat zeigt sich an diesem Abend im Publikum und auch bei Parteimitgliedern der CDU das Bild eines großen Dissens zum Vorhaben. Es wurde an diesem Abend aus dem Publikum u.a. auch ein Bürgerentscheid angemahnt.
  8. Das Burgtheater hat ein strukturelles Problem bei der Besucherführung, das nach dem gescheiterten Fahrstuhlprojekt im Burgwasserturm nach wie vor der Lösung harrt.
  9. An einigen Kritikpunkten zur Spreebrücke offenbart sich grundlegend, dass Bautzen nach wie vor kein schlüssiges Verkehrskonzept besitzt.
  10. Den ganzen Abend über erwähnte nicht ein einziger Wortbeitrag der Befürworter auf dem Podium, dass auch mit dem Zug Touristen nach Bautzen kommen (könnten/sollen), nicht nur mit dem eigenen PKW über die Autobahn.
  11. Im Abschluss des Abends wurde von verschiedenen TeilnehmerInnen positiv hervorgehoben, dass in Bautzen endlich einmal wieder an einem konkreten Thema konstruktiver Streit über die Entwicklung der Stadt geführt würde. Dieser Einschätzung möchte ich mich vollauf anschließen.

Keine Brücke in die Zukunft

Die zwischen Protschenberg und Ortenburg geplante Brücke lässt nachhaltige Schäden befürchten

von Kai Wenzel

Gegenwärtig wird in Bautzen über den Neubau einer Brücke zwischem dem Protschenberg und der Ortenburg nachgedacht. Konzeptionell verknüpft werden diese Überlegungen mit einer Vergrößerung des Parkplatzes an der Schliebenstraße sowie der Anlage einer neuen städtischen Festwiese auf der jetzt noch landwirtschaftlich genutzten Fläche westlich des Protschenbergs. Zwischen dem Parkplatz und der Altstadt soll die Brücke dann für Fußgänger eine kurze Verbindung herstellen. Dafür soll das Bauwerk vom Waldsaum des Protschenbergs quer durch die schönste Ansicht Bautzens gespannt werden, um mittels eines Durchbruchs durch die Ortenburg-Mauer in die Stadt zu führen. Die Frage, ob dieser massive Eingriff in die historisch gewachsene Bautzener Stadtlandschaft überhaupt opportun bzw. ob die Standortwahl zu legitimieren ist, wurde dabei bisher noch nicht hinreichend diskutiert. Daher sollen an dieser Stelle einige Impulse für diese noch zu führende Diskussion gegeben werden.

Zweifellos leidet die Bautzener Altstadt unter einem akuten Parkplatzproblem. Das ist tagtäglich unter anderem auf dem Hof der Ortenburg zu erleben. Warum wird nun aber ausgerechnet der empfindlichste altstadtnahe Ort, den Bautzen zu bieten hat, für eine Lösung dieses Problems favorisiert? Stehen zentrumsnah keine anderen Flächen für die Anlage eines weiteren Pendler- und Touristen-Parkplatzes zur Verfügung – Flächen, deren Ausbau nicht mit derart nachteiligen Eingriffen in das Stadtbild verbunden wäre? Und bedarf es tatsächlich einer neuen Festwiese mit allen dafür notwendigen Medien auf der bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche des Protschenbergs? In früheren Jahrzehnten erfüllte der Schützenplatz die Funktion der städtischen Festwiese, zumindest ist mir dies aus meiner Bautzener Kindheit noch lebhaft in Erinnerung. Hat er als solche heute denn ausgedient?

Die Befürworter des Brückenvorhabens argumentieren, dass mithilfe des Bauwerks ein einfacherer Zugang vom Parkplatz Schliebenstraße zur historischen Altstadt geschaffen würde. Warum die bestehenden Zugänge vom Parkplatz Schliebenstraße zum historischen Zentrum nicht mehr ausreichen sollen, wird dabei aber nicht beantwortet. Bereits jetzt haben die Nutzer des Großparkplatzes mindestens drei Möglichkeiten, um von ihrem Auto zu Fuß in die Altstadt zu gelangen: 1. der Weg über die Friedensbrücke, der sie mit einem eindrucksvollen Panorama belohnt, 2. der Weg über die Gasse Am Protschenberg, den Scharfensteg und die Fischerpforte, der gleichermaßen eindrucksvolle Ausblicke bereit hält, und schließlich 3. der Weg am Hang des Protschenbergs hinab über die Spreebrücke zur Straße Unterm Schloss und anschließend die Stufen zur Ortenburg wieder hinauf. Letztgenannte Wegeverbindung entspricht in ihrem Ausgangs- und Endpunkt sogar genau dem, was die neue Brücke ermöglichen soll, nämlich einem direkten Zugang vom Großparkplatz zur Ortenburg. Zugegeben ist dieser Weg aufgrund seiner langjährigen baulichen Vernachlässigung Besuchern momentan nicht zu empfehlen. Statt des Brückenbauwerks sollte daher über eine behutsame Instandsetzung dieser jahrhundertealten Wegeverbindung nachgedacht werden.

Im Bautzener Stadtbild, wie es sich auf einmalige Weise vom Protschenberg aus darbietet, treffen kulturelle Einflüsse aus Böhmen, Sachsen und Schlesien aufeinander, die die vielfältigen historischen Verflechtungen der Region spiegeln. Daher besitzt Bautzen nicht nur für seine deutschen und sorbischen Bewohner hohe Symbolkraft, sondern auch für die tschechischen, polnischen und ungarischen Nachbarn. Nach Jahren der baulichen Vernachlässigung erwachte die Altstadt während der 1990er Jahre glanzvoll zu neuem Leben. Die in vergleichsweise kurzer Zeit realisierte umfassende Sanierung gehört zu den gelungenen Beispielen städtebaulicher Denkmalpflege im Osten Deutschlands und wird auch entsprechend international gewürdigt. Einen Höhepunkt dieser Phase der Wiederentdeckung des alten Bautzens bildete die Jahrtausendfeier von 2002. Nach rund zweieinhalb Jahrzehnten rasanter Entwicklung, in der Bautzen gleichermaßen touristisch, wirtschaftlich wie kulturell neue Bahnen einschlug, hat sich diese Dynamik nun merklich verlangsamt. Das mag bei manchen ein Gefühl der Stagnation hervorrufen, und die Idee der Brücke zwischen Protschenberg und Ortenburg scheint ein Symptom für diese Gefühlslage zu sein. Sie erweckt den Eindruck, dass diejenigen, die leidenschaftlich für das Vorhaben argumentieren, dies nicht tun, weil tatsächlich eine praktische Notwendigkeit für das Bauwerk bestünde, sondern weil sie etwas Populäres wollen, um Veränderung zu signalisieren. Rechtfertigt aber ein solches kurzfristiges politisches Interesse die schwerwiegenden Eingriffe in das historische Antlitz, die mit dem Brückenbau verbunden wären?

Dass in Bautzen gegenwärtig die Tourismuszahlen stagnieren, wird als Argument genutzt, um die geplante Brücke vorab zur neuen Attraktion zu erklären. Dabei ist mehr als fraglich, ob Bautzen eine solche Attraktion benötigt – eine Stadt, die überaus reich mit historischen Bauten gesegnet ist. Warum werden diese bereits vorhandenen, von vorangegangenen Generationen ererbten und gleichermaßen für zukünftige Generationen zu bewahrenden Attraktionen nicht geschickter vermarktet? Ein Beispiel: Die Stadt Augsburg bewirbt sich derzeit mit ihren historischen Zeugnissen der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wasserversorgung und -nutzung um den Titel des UNESCO-Weltkulturerbes. Bautzen hat mit den beiden Wasserkünsten und den zahlreichen weiteren Zeugnissen früherer Wassernutzung (Brunnen, Mühlen) gleichsam ein bedeutsames Ensemble aufzuweisen, an dem sich nicht nur historisches Wissen um die Nutzung der Ressource Wasser, sondern auch ganz aktuelle Themen der Ressourcenverteilung und -schonung spannend aufzeigen ließen. Allerdings ist Bautzen noch weit davon entfernt, das Potential dieses Themas auszuschöpfen. Anstatt nach neuen Attraktionen zu rufen, wäre es daher in vielerlei Hinsicht ökonomischer, zunächst vorhandene Potentiale besser zu nutzen.

Die Fragen nach der tatsächlichen Notwendigkeit bzw. Angemessenheit der Standortwahl für Brücke, Großparkplatz und neuer Festwiese müssen weiter diskutiert werden. Zu letztgenanntem Aspekt seien daher noch zusätzliche Argumente aufgeführt, ist doch vor allem zu befürchten, dass der angedachte Brückenneubau mit dramatischen Schäden am einzigartigen Stadtbild, an der jahrhundertealten Ortenburg sowie am Naturdenkmal Protschenberg verbunden sein wird.

Schäden am Altstadtpanorama

Das Altstadtpanorama, das man vom Protschenberg genießt, gehört zum wertvollsten Kulturgut der Stadt Bautzen. Es verlangt einen äußerst behutsamen und rücksichtsvollen Umgang. Begünstigt durch die enge Spreeschleife, reicht der Blick vom Schützenplatz im Nordosten über die Nikolairuine und den Nikolaiturm, den Matthiasturm und das Hauptgebäude der Ortenburg zum Burgwasserturm, zur Alten Wasserkunst und der Friedensbrücke im Süden, wo die Bautzener Berge den Hintergrund bilden. Unterhalb der Ortenburg schmiegen sich die Häuser in der Straße Unterm Schloß dicht an den Hang.

Seit Jahrhunderten nahezu unverändert, ist diese Ansicht immer wieder von namhaften Künstlern verewigt worden. So hielt der kursächsische Hofmaler Johann Alexander Thiele bereits 1745 den Ausblick in einem großformatigen Gemälde fest. Es hing ursprünglich in einer Reihe der schönsten Ansichten aus Sachsen in den Paradezimmern des Dresdener Schlosses und befindet sich heute für jedermann sichtbar im Bautzener Museum. In den 1820er Jahren hielt der Romantiker Ludwig Richter den Ausblick vom Protschenberg in einer Radierung fest, die Eingang fand in das Bildwerk „Mahlerische An- und Aussichten der Umgegend von Dresden“. Die Bautzener Expressionistin Marianne Britze verdichtete den Ausblick vom Protschenberg 1919 in einem Gemälde und einem Holzschnitt, die zu ihren bekanntesten Werken gehören. Ihr folgten im 20. Jahrhundert Maler wie Rudolf Warnecke oder Jan Buck. Im Gedicht „Neue Ansicht vom Protschenberg“ des Schriftstellers Kito Lorenc führt ein Betrachter ein aufgewühltes Zwiegespräch mit der alten Stadt: „Wie du mich haben willst, Budissin / seh ich dich nicht, hörst Du mich nicht, du drüben, ich hüben / mitten der Abgrund. / Du spreeüber auf deinem Fels, / die ernsten Väter und Mütter, Türme Basteien / halten dich umfangen mit granitenen Mauern, / sie reden mit Glockenmündern / über die Zeiten, in den Wind / und wenden sich ab von mir. […]“

Auf diese Weise ist die Ansicht vom Protschenberg zum ikonischen Ort geworden.

Und es ist kein Zufall, dass dieser Ort von den Veränderungen der Moderne kaum erfasst wurde. Dahinter standen bewusste Entscheidungen früherer Generationen, die der schönsten Ansicht Bautzens ein hohes Maß an Ehrfurcht und Verantwortungsbewusstsein entgegenbrachten. Waren die Stadtplaner der Gründerzeit sonst nicht zimperlich, hatten ganze Stadtteile neuangelegt und die heutige Friedensbrücke als moderne Verkehrslösung errichtet, so hielten sie den Protschenberg stets von jeglicher Bebauung frei. In dieses einzigartige Stadtbild soll nun mit der geplanten Brücke massiv eingegriffen werden. Sie wird das sich vom Protschenberg aus bietende Altstadtpanorama dauerhaft beschädigen.

Schäden an der Ortenburg

Zweifellos hat sich Bautzen immer verändert – und jede Stadt bedarf steter Veränderung, um lebendig zu bleiben. Allerdings erwiesen sich bauliche Neuerungen für Bautzen immer nur dann von Vorteil, wenn sie dem Vorhandenen mit Respekt begegneten. Ein negatives Beispiel war das frühere „Haus der Mode“ am Kornmarkt, das in keinerlei Bezug zu seinem historischen Umfeld stand und glücklicherweise wieder verschwunden ist. Die geplante Brücke und der deutlich vergrößerte Parkplatz sind in ihren baulichen Dimensionen natürlich nicht mit dem einstigen Hochhaus vergleichbar, jedoch in der sich abzeichnenden Rücksichtslosigkeit gegenüber den Besonderheiten des Umfelds, vor allem der Ortenburg. Über Jahrhunderte war sie die Landesfeste der Oberlausitz. Ihre Mauern sollten nicht nur Schutz im Angriffsfall gewähren, sondern besaßen hohen symbolischen Wert, galt doch die Wehrhaftigkeit der Ortenburg als Garant für die Unversehrtheit der gesamten Oberlausitz. Als vor mehr als 500 Jahren während der Regierungszeit des böhmisch-ungarischen Königs Matthias Corvinus die bis heute vorhandene Burgmauer entstand, ließ der Landvogt auf ihrer Nordseite einen kleinen Durchgang angelegen. Der Bautzener Rat fürchtete seinerzeit, dass durch diese Ausfallpforte zuerst die Ortenburg, dann die Stadt und schließlich das ganze Land erobert werden könnte. Daher erhob der damalige Bürgermeister vehementen Widerspruch gegen diesen Durchgang in der Burgmauer. Als Reaktion ließ der Landesherr aber nicht die Pforte wieder zumauern, sondern kurzerhand den Bautzener Bürgermeister wegen der geäußerten Kritik absetzen.

Nun plant die Stadt selbst, dieses wertvolle Baudenkmal durch eine große Öffnung sowohl in seiner architektonischen wie auch in seiner symbolischen Integrität zu beschädigen. Welche Burg besitzt schon eine moderne Bresche in ihrer Wehrmauer lediglich für den banalen Zweck, einen Großparkplatz anzubinden? Durch partielle Einstürze der Mauer in jüngerer Zeit ist auch hinreichend bekannt, dass es sich um ein fragiles Bauwerk handelt. Infolge des Durchbruchs für die neue Brücke wäre wohl mit weiteren Schäden an ihr zu rechnen. Und schließlich liegen hinter der Ortenburg-Mauer meterhohe Erdschichten des Mittelalters. Sie sind ein wertvolles Bodendenkmal, das die Geschichte dieses Ortes für zukünftige Generationen speichert. In ihnen die Brücke zu gründen, würde unweigerlich zur Vernichtung dieses Bodendenkmals führen.

Schäden am Protschenberg

Nur wenige Altstädte besitzen die Besonderheit, dass unmittelbar neben ihrem historischen Zentrum ein naturnaher Landschaftsraum liegt, wie dies beim Engtal der Spree und dem Protschenberg der Fall ist. Geformt von den Eiszeiten als typische Oberlausitzer Skala, stehen die felsigen Hänge aufgrund ihrer wertvollen botanischen Ausstattung seit langem als Flächennaturdenkmal unter Schutz. Zusammen mit dem Fluss bieten sie streng geschützten Tierarten wie dem Eisvogel einen Lebensraum in ungewöhnlicher Nähe zur Stadt. Es ist zu befürchten, dass mit der Brücke, der Erweiterung des Parkplatzes und einer städtischen Festwiese ein erheblicher Lärmeintrag in dieses empfindliche Habitat einhergehen wird. Bautzen würde so um einen wertvollen Ort der stadtnahen Naturerfahrung ärmer werden.

Alle Bautzenerinnen und Bautzener, denen für die Zukunft der Stadt nicht nur erweiterte Parkmöglichkeiten und „neue“ Attraktionen wichtig sind, sollten sich aus den angeführten Gründen zum Schutz der empfindlichsten Stelle der Altstadt gegen die Brückenbaupläne zu Wort melden und in der laufenden Diskussion das Für und Wider intensiv gegeneinander abwägen.

 

Kai Wenzel ist gebürtiger Bautzener und Autor zahlreicher Publikationen zur Kunst- und Kulturgeschichte Bautzens und der Oberlausitz. Er ist Kustos am Kulturhistorischen Museum Görlitz, Mitglied des Präsidiums der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften sowie der Facharbeitsgruppe „Bildende Kunst“ des Kulturraums Oberlausitz-Niederschlesien.

Um 1820 hielt der berühmte Maler Ludwig Richter die schönste Ansicht Bautzens fest. Diesem Altstadtpanorama droht nun durch den geplanten Brückenneubau großer Schaden.

Leserbrief an den Wochenkurier Bautzen-Bischofswerda

Im „Wochenkurier Bautzen-Bischofswerda“ vom 14.3.2018 erschien auf der Titelseite unter der Überschrift „Brücke in die Zukunft“ ein das geplante Bauwerk in hohen Tönen lobender Artikel von Bernd Witscherkowsky. Untenstehend veröffentliche ich meinen Leserbrief hierzu. Herr Witscherkowsky bittet um Meinungen zum Projekt. Unter berndwitscherkowsky@wochenkurier.info kann man sie ihm zukommen lassen.

Sehr geehrter Herr Witscherkowsky,

an Ihrem Artikel fällt das auf, was sich immer wieder bei der Berichterstattung zur Spreebrückenidee feststellen lässt: Wunschvorstellungen werden zu Tatsachen erklärt, deren künftiges Eintreten bereits objektiv feststehe. Dies betrifft vor allem die Einschätzung, die Brücke werde zwangsläufig ein „Publikumsmagnet“. Auch sonst wird in Ihrem Artikel viel behauptet, und einige Sätze verstehe ich schlichtweg nicht. So schreiben Sie, mit der Brücke entstehe ein „fremdenfreundlicher Pfad vom touristischen Mittelalter hin zur Zukunft der historischen Altstadt“. Soll das heißen, die Hängebrücke sei künftig diese Zukunft? Oder der neue Großparkplatz? Oder die geplante Festwiese am zugigsten Punkt der gesamten Bautzener Stadtlandschaft? Wozu genau benötigt Bautzen diese eigentlich, wenn es dafür längst den Schützenplatz an geeigneter Stelle mit viel besserer Infrastruktur besitzt?
Besonders interessant fand ich aber Herrn Lehmanns Aussage: „Einziges Problem könnte aber die Statik der Hängebrücke werden.“ Er spricht diesbezüglich von einer „kleinen Unwägbarkeit“. Anscheinend wird nun auch den beinhärtesten Befürwortern klar, dass das von der studentischen Projektgruppe der TU Dresden dem Stadtrat präsentierte „filigrane“ Bauwerk in dieser Form an dieser Stelle nicht zu errichten sein wird. Wegen Rettungswegvorschriften, wegen des Personenschutzes. Und wegen der Statik im natürlichen Windkanal der Spreeskala. Das heißt, am Ende der Machbarkeitsstudie wird sehr wahrscheinlich ein Brückenentwurf stehen, der mindestens einen Stützpfeiler beinhaltet. Womit wir genau die „dominante Veränderung des Spreetales“ präsentiert bekommen werden, die Herr Lehmann jetzt noch als Ausschlusskriterium benennt. Ich hoffe sehr, dass das zu diesem Zeitpunkt auch noch gelten wird. Dass er weder Denkmalschutz noch Boden- und Naturschutz als weitere Problempunkte benennt, sei hier nur noch kopfschüttelnd angemerkt.
Sie sprechen am Ende Ihres Beitrages von einem „neuen Wahrzeichen“. Dazu sei gesagt: Wahrzeichen entstehen nicht geplant oder per Absichtserklärung. Sie werden von den Menschen zu solchen gemacht. Und es gibt auch Wahrzeichen, die aufgrund ihrer städtebaulichen Verfehltheit ihren Ruf erhalten. Mit der Spreebrücke hat Bautzen dafür eine aussichtsreiche Kandidatin im Köcher.

Mit freundlichen Grüßen,

Robert Lorenz
www.spreebruecke.de

Enge Gehwege in der Bautzener Altstadt „typisch“

von Robert Lorenz

Am 2.3.2018 konnte der Bautzener Lokalausgabe der Sächsischen Zeitung entnommen werden, dass Falko Wendler vom Hoch- und Tiefbauamt der Stadt im Zuge der derzeitigen Diskussion um die Neubebauung des Burglehns die schmalen Gehwege als „typisch für die Altstadt“ charakterisiert. Dass hier mitunter bereits zwei sich begegnende Kinderwagen nicht aneinander vorbei passen, sei damit also ein als Eigenheit des Stadtteils hinzunehmender Fakt. Der Stadtrat folgte dieser Argumentation mehrheitlich.

Wir sollten uns diese Aussage für die Diskussion um die Spreebrücke merken. Schließlich soll hier für Gäste und Pendler ein neuer Stadtzugang geschaffen werden, der die Nutzer der Brücke in eben diese bereits heute mitunter für Fußgänger zu engen Gassen entlässt, damit sie in dann viel größerer Zahl als heute durch diese Gassen ihren Weg ins Stadtzentrum finden. Es bleibt abzuwarten, wie man aus Stadtrat und Stadtverwaltung diesen planerischen Widerspruch in Zukunft als Argument für die Brücke umzuinterpretieren gedenkt.