Orientierungslauf von der Ortenburg in das Stadtzentrum

Bekanntlich erwärmt sich ein Teil der Stadtbürgerschaft in Bautzen, vor allem im Rathaus, Stadtrat und Bauwirtschaft, für das Projekt einer Spreebrücke über die Skala vom Protschenberg zur Ortenburg. Ein paar Leute, mich inklusiv, kritisieren das Vorhaben.

Ein Punkt meiner Kritik ist, dass Bautzen hier seine historische Stadtentwicklung auf den Kopf stellen möchte, indem es die Burg und die angrenzenden Teile der Altstadt zum Eingangsportal macht – Räume, von denen sich die Stadt über Jahrhunderte weg entwickelt hat.

So ein Vorhaben ist nicht trivial, zieht große Folgeaufgaben und natürlich auch Kosten nach sich, über die im Rahmen der Idee bisher ungenügend gesprochen wird. Ich habe mir einmal die Kamera genommen, um zu visualisieren, was ich meine.

Beginnen wir mit der Ankunftssituation nach Überquerung der Brücke. Im Bild der Blick, der sich beim Durchschreiten des „Spreetors“ (O-Ton Marketing) bieten wird.

Wir schauen auf das massive Hauptgebäude der Ortenburg. Zum ersten Mal ergibt sich hier eine Frage, der wir im Fortlauf immer wieder begegnen werden: „Wo ist denn hier die Stadt? Und wie komme ich zu ihr hin?“

Trete ich näher, sehe ich, dass ich links und rechts an dem Bau vorbei komme. Links sieht das so aus.

Man beachte die Breite des Gehwegs. Hier ein Nahaufnahme des Pflasters, wenn ich diesen nicht benutzen möchte.

Ist das Tor des Matthiasturms geöffnet (im Fall des Brückenbaus sicherlich komplett), öffnet sich vor mir die Schlossstraße. Die ist hübsch, hat schlimmes Pflaster und nette Kneipen. Der einzige Straßenraum der westlichen Altstadt mit etwas Weite und Wirkung.

Allerdings laufe ich an seinem Ende optisch in eine (barocke) Wand. Rechts kann ich mich um ein paar Ecken und über schmale Gehwege um den Dom rum zum Fleischmarkt drücken. Eine Blickbeziehung, die mich dazu ermuntert, besteht allerdings nicht.

Gehe ich an der Burg rechts vorbei, öffnet sich ebenfalls eine Pforte, diesmal zum Burglehn.

Am Burglehn steht ich dann vor dem eindrucksvollen Gersdorffschen Palais.

Aber auch dieses schließt den Platz optisch ab, anstatt ihn zu öffnen. Hier einmal die drei größten Straßenräume, die vom Burglehn wegführen. Wo ist die Stadt? Wie komme ich da hin?

Entscheide ich mich für den Weg rechts neben dem Palais in Richtung Wasserturm (die naheliegendste Wahl), gelange ich zur hübschen Großen Brüdergasse mit einem katastrophalen Pflaster.

Von der platzartigen Großen Brüdergasse laufe ich optisch dann endgültig in eine Sackgasse. An ihrem Ende steht ein DDR-Mietshaus-Riegel, durch den lediglich ein schmaler Durchgang zum Fleischmarkt führt.

Entscheide ich mich ab Burglehn für die enge und recht lichtlose Kurve der Straße Am Burglehn mit ihren nicht besonders einladenden schmalen Gehwegen, gelange ich in einen unruhigen Stadtraum der architektonisch wenig einladend ist.

Erst wenn ich diesen tapfer absolviert habe, bietet mir der wiederum optisch sehr enge Beginn der Heringstraße (einmal mehr die Gehwege!) die Möglichkeit, in großzügigere Bereiche der Innenstadt zu gelangen.

Mit dieser Bildserie soll noch einmal konstatiert werden, was hier geplant wird: Ein Zugang, der die Besucher*innen im wohl periphersten Teil der Altstadt ankommen lässt, um sie dann (bestenfalls ortsunkundig, weil Tourist*innen auf Erstbesuch) auf Orientierungslauf zu schicken.

Bautzen hat in seiner vielhundertjährigen Geschichte aus gutem Grund drei eindrucksvolle Straßenräume ausgeprägt, die wirklich dazu geeignet sind, Besucher ohne räumliche Streßerfahrung in sein Zentrum zu geleiten: Wendische Straße, Reichenstraße und Innere Lauenstraße.

Es ist meiner Meinung nach fehlgeleitet, die Erwartung zu wecken, die westlichen Altstadt mit ihrer stadthistorisch eigenständigen und andersläufigen Entwicklung wäre dazu in der Lage, hier auf gleichem Niveau dazu zu treten. Danke für die Aufmerksamkeit!